Reise nach Rumänien

Oktober 2018. Im Oktober 2018 ist erneut ein großes Team von uns nach Rumänien gereist, um die Shelter in Bistrita und Baia Mare winterfest zu machen. LKW Planen wurden an den Zwingern angebracht, Hütten renoviert und Plastikbettchen verteilt. So versuchten wir erneut den Hunden die kalte Jahreszeit so angenehm wie möglich zu machen.

Die Aktion war ein Erfolg und die Außenwände konnten mit Planen geschützt werden. Nichtsdestotrotz ist es natürlich immer nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wir versuchen in 2019 einige der Wände mit festen Materialien wie Siebdruckplatten oder auch Steinen abzudichten. Wir werden dazu rechtzeitig Aufrufe machen, um alle Sachspenden rechtzeitig zusammen zu bekommen.

Hier findet ihr einen persönlichen Bericht von Silvia, die das erste mal in Rumänien dabei war:

Unser Team war vom 03.-07.10.2018 in Rumänien. Mit 11 Mitgliedern waren es so viele, wie schon lange nicht mehr. Aus dem ganzen Bundesgebiet verstreut starteten wir, um die Situation vor Ort persönlich kennenzulernen und die Shelter in Bistrita und Baia Mare winterfest zu machen. Auch die Unterstützung einer Kastrationskampagne im Shelter Baia Mare stand am 05.10. mit auf dem Terminplan.

Es brauchte einige Tage, bis man all die Erlebnisse, Gefühle und Bilder dieser intensiven und arbeitsreichen Zeit für sich sortiert hat. Aber es ist uns wichtig, euch zu berichten und all den Hunden und Katzen dort eine Stimme zu geben.

Für die meisten von uns war es die erste Reise im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit für den Verein. Man hatte ein wenig Ehrfurcht vor den bevorstehenden Eindrücken, die man nun bald hautnah erleben würde. Es war eine Mischung aus freudiger Erwartung, viele der Teamkollegen endlich einmal persönlich kennenlernen zu können und mentaler Vorbereitung, mit den Ereignissen vor Ort direkt konfrontiert zu werden. Bereits die Anreise gestaltete sich schwierig, da Hinflüge storniert wurden oder verspätet ankamen und der gemeinsame Flug ab München auf der Kippe stand. Mit großem Teamgeist wurden zwei Kollegen zum Anschlussflug quer durch den Münchener Flughafen gelotst und nach einem olympiaverdächtigen Spurt begeistert von den anderen empfangen. Als auch das letzte Teammitglied in letzter Minute in den Shuttle-Bus stolperte, war die Freude riesig, das Eis gleich gebrochen und die abenteuerliche Reise konnte beginnen.

Eines unserer Ziele war es, viele Stationen im Rahmen unserer ehrenamtlichen Arbeit in Rumänien kennenzulernen. Wir haben die Welpenstation T.O.R.A. besucht, in der unsere Kleinsten liebevoll und aufopfernd von unserer Helferin Meda Maria versorgt werden. Nach dem Kuscheln von unzähligen Welpen, die aufgeregt in den Zwingern umhersprangen, mussten wir leider 4 kleine kranke Fellnasen zu unserem Tierarzt Toni in die Praxis bringen. Sie wurden auf Parvovirose untersucht. Bereits am ersten Tag wurde uns bewusst, unter welch einer großen Infektionsgefahr die Welpen stehen und für sehr viele von ihnen auch zum Tode führt.

Am folgenden Tag besuchten wir Busag, ein privates Shelter mit Freilaufgehege. In diesem kümmert sich eine ältere Dame, Miss Medan, liebevoll um 90 Hunde. Da es mittlerweile so viele geworden sind, leisten wir hier Vermittlungshilfe und führen auch Kastrationen durch. In den Innenräumen sind viele Welpen und Junghunde untergebracht und kaum waren wir ins Haus getreten, waren wir alle von diesen kleinen Rackern umringt und verteilten begeistert unsere Leckerchen. Auf einem großen Außengelände leben gemeinsam die erwachsenen Hunde und es war sehr interessant zu beobachten, wie gut das Rudel funktionierte. Die meisten der Hunde begegneten uns offen und sehr freund¬lich und genossen jede Aufmerksamkeit oder lagen friedlich in der Sonne. So gut sie dort aber auch versorgt sein mögen, sie alle wünschen sich sehnlichst ein eigenes Zuhause und dafür machen wir uns gemeinsam weiter stark. Aber es gab auch einige unsichere Hunde, die vermutlich keine Chance mehr haben resozialisiert zu werden und für immer dort bleiben werden.

Die beiden nächsten Reisetage verbrachten wir in jeweils kleineren Gruppen aufgeteilt in den Sheltern Bistrita und Baia Mare. Wir wollten möglichst viel in den wenigen Tagen vor Ort umsetzen. Unser Team Bistrita packte tatkräftig an und begann, das Shelter winterfest zu machen. Es wurden Außenwände erneuert und ausgebessert, Planen repariert und neu aufgehangen sowie die Welpen- und Junghundgehege gegen Wind und Wetter abgedichtet. Im Shelter Bisitrita leben knapp 150 Hunde in kleinen Einzelzwingern, nur wenige zu zweit in etwas größeren Zwingern. Die Gänge sind dunkel und düster und zu sehen, wie winzig diese einzelnen Zellen dort sind, schnürt einem die Kehle zu. Die Hunde liegen teils nur auf dem blanken Boden ihrer Hundehütte oder in den Plastikkörben. Um sich überhaupt etwas bewegen zu können, springen die Hunde auf ihre Hütten. Die mitgebrachten Leckerlis waren für sie ein wahres und seltenes Highlight. Nach Möglichkeit werden die Hunde von unseren rumänischen Helfern täglich in den Freilauf im abgesicherten und eingezäunten Shelterhof gelassen. Sie haben die Vierbeiner dabei gut im Blick, da auch öfter mal Stress abgebaut wird und es Konflikte gibt. Aber im Großen und Ganzen läuft es gut. In vielen Zwingern sitzen aber auch ängstliche Hunde, die in Schockstarre sind und sich kaum aus ihrer Hütte heraustrauen. Sie fressen, wenn niemand in der Nähe ist und verharren dort über einen langen Zeitraum in ihrer Angst. Viele Hunde sind gestresst durch den permanenten Lärm und den Gestank und bellen sich ihren Frust aus der Seele. Oder sind unverträglich mit anderen, so dass sie nur selten die Chance haben, in den Auslauf zu kommen. Mein vor 3 Jahren adoptierter Rüde saß knapp 2 Jahre in einem dieser Zwinger. Zu sehen, unter welchen Bedingungen auch er lange Zeit dort gelebt hat, war besonders schockierend.

Während wir im Shelter tatkräftig zu Werke gingen, liefen um uns die Hunde herum und spielten miteinander oder lagen entspannt in der Sonne. Immer wieder unterbrachen wir gern unsere Arbeit, um ausgiebig zu streicheln, zu bürsten, sie zu beobachten und für die Vermittlung besser kennenzulernen.

Dieses gemeinsame Miteinander der Zwei- und Vierbeiner war ein besonders schönes und harmonisches Erlebnis. Aber als zwischendurch eine Kiste mit lieblos entsorgten Welpen gebracht wurde, war die Stimmung sehr getrübt. In Bistrita gibt es mehrere Organisa-tionen, die es gemeinschaftlich mit großem Engagement in den letzten Jahren geschafft haben, dass es dort jetzt keine Langzeitinsassen mehr gibt. Jedoch mussten wir schockiert feststellen, dass das Shelter an vielen Stellen reparaturbedürftig ist. Insbesondere das Dach ist in einem maroden Zustand und wird vermutlich nicht mehr als einen Winter mit Schnee und Eis überstehen. Zum Abschluss haben wir die Zwinger aufgeräumt, zerbissene Plastikkörbchen entsorgt und neue Decken in die Hütten und Körbchen gelegt.

Die Winter in Rumänien sind sehr lang und kalt und die Hunde haben kaum etwas, was sie der eisigen Kälte entgegensetzen können. Es hat leider nicht für alle Fellnasen ausgereicht und für die Wintermonate benötigen wir noch viel Futterspenden und warme Decken.

Der Besuch des Shelters Baia Mare gehörte mit zum anstrengendsten und seelisch härtesten Teil unserer Rumänien-Reise. Als vor etwa zwei Jahren unsere Orga dort ihre Arbeit neben anderen Vereinen aufnahm, lebten dort über 400 Hunde. Ausgerichtet ist es nur für die Hälfte. Um die Bedingungen für die Hunde zu verbessern, wurde das Shelter um einen neuen Teil erweitert. Dieser ist noch schön hell und sauber und viele unserer reservierten Hunde und Welpen sind dort untergebracht. Anfang des Jahres war es uns gemeinschaftlich gelungen, die Zahl der Hunde auf durchschnittlich 320 zu reduzieren.

Wir waren bestürzt zu hören, dass sich die Zahl aktuell wieder auf über 400 Hunde erhöht hat. Gründe hierfür sind das Sommerloch und weil täglich neue Hunde von den Hundefängern gebracht werden. Für unsere rumänischen Helfer Monika und Paul ist die Arbeit mit der großen Anzahl der Hunde täglich eine neue Herausforderung. Viele der Arbeiter machen ihren Job nur halbherzig und man muss ihnen oft auf die Finger schauen, damit regelmäßig alle Hunde mit Wasser und Futter versorgt sind. Insbesondere unsere Monika trägt eine enorme Verantwortung mit dem organisatorischen Bereich und der ständigen Kontrolle der Arbeiter. Sie arbeitet aufopfernd für die Tiere und ist oft mit den Nerven am Ende. Sie kann nicht überall gleichzeitig sein und kämpft täglich auch um kranke, schwache und verletzte Tier. Privat hat sie noch an die 40 Hunde und Katzen untergebracht, die besonderer Pflege bedürfen und um die sie sich zusätzlich kümmert. Entsprechend groß war ihre Freude, als wir mit unserer Gruppe von 8 Leuten anreisten und wir sie in den nächsten Tagen im Shelter und auch bei der Kastrastionskampagne unterstützen wollten.
Trotz all der mentalen Vorbereitung waren wir nicht auf den unbeschreiblichen Lärm gefasst, als wir aus dem Auto stiegen.

Wie eine große Welle schwappt das Hundegebell von allen dort einsitzenden Hunden gleichzeitig auf einen nieder. Jeder von uns brauchte einen Moment, die ersten heftigen Eindrücke zu verarbeiten. Dann gingen wir langsam durch die Reihen des neuen Shelters und sahen dort die Hunde, die uns schon ein wenig vertraut waren und die wir von unserer Homepage kannten. Für einige der Hunde suchen wir bereits seit längerem ein Zuhause und sie dort zu sehen, vermittelt einem im ersten Moment ein Gefühl der Hilfslosigkeit. Aber die Freude all dieser wunderbaren Hunde war so groß und mit Begeisterung begrüßten wir sie einen nach dem anderen, verteilten Leckerlis und setzten uns in die Zwinger hinein. Da die Zwinger alle noch offen und ungeschützt gegen Wind und Wetter sind, wurde bereits geplant, sie noch vor dem Winter mit stabilen Planen zu verkleiden. Viele unserer Hunde, insbesondere unserer Welpen, würden sonst die eisige Kälte nicht überleben.

Zur Zeit ist wieder ein kleines Team vor Ort, die diese Aufgabe mit Frauenpower bereits hervorragend umsetzt.

Im Anschluss gingen wir weiter in den alten Teil des Shelters. Wir wussten, dort finden wir Hunde, die bereits seit Jahren dort einsitzen, scheu und schwer vermittelbar sind. Und auch alte und ängstliche Hunde und viele, die resigniert haben und dieses Shelter vermutlich nie wieder verlassen werden. Man kann sich auf diesen Augenblick nicht wirklich vorbereiten. Die Vielzahl von Hunden, die uns mit großen Augen anschaute, einige Hunde, die zitternd vor Angst in ihren Zwingern saßen, und auch die Hunde, die mit solcher Verzweiflung an den Zwingergittern hochsprangen, das war nur sehr schwer zu ertragen. In einem dieser winzigen Kennel saß meine Pflegehündin Saya über mehrere Jahre mit drei anderen Hunden ein. Unvorstellbar, wieviel Stress der dauernde Lärm, der Gestank, und die unbändige Langeweile auslösen. Und immer wieder schön zu erleben, was für traumhafte Hunde sie werden können, wenn man ihnen nur mit viel Liebe, Zeit und Empathie beim Start in ein neues Leben begegnet.

Wir würden so gerne alle retten, aber es sind einfach zu viele. Mit dem miesen Gefühl, nur einige für die Vermittlung auswählen zu können und die anderen dort lassen zu müssen, gingen wir durch die einzelnen Reihen. Wir bemühten uns, die Hunde einzuschätzen und trafen eine schwere Wahl. In einem Kennel fanden wir zwei Hündinnen vor, die panisch und zitternd vor Angst ineinander kriechen wollten. Die eine berührte das Herz unseres Teamkollegen so sehr, dass er ihre Patenschaft übernahm und sie am nächsten Tag in einer Pension untergebracht werden konnte, in der mit ihr gearbeitet wird. Es war unbeschreiblich ihre Transformation mitzuerleben, als sie den Zwinger verlassen konnte und mit dem Auto in ihre neue Unterkunft gebracht wurde. Sie hat ihr Ticket ins Glück gezogen!

Den Tag darauf nutzten wir, um die von uns neu reservierten Hunde einzeln zum Fotografieren aus dem Zwinger zu holen und etwas kennenzulernen. Die meisten Hunde konnten ihr Glück kaum fassen. Ihre Haltung und ihre Mimik verändern sich so sehr, wenn sie für Fotos in der Sonne stehen und für Videos umherlaufen dürfen, das ist pure Freude! Es lässt erahnen, welche wunderbaren Hunde in ihnen schlummern. Und wenn man den Hund an der Leine anschließend wieder in seinen Zwinger zurückbringt, ist man tieftraurig. Auch die Kastrationskampagne lief an diesem Tage auf Hochtouren. Es war faszinierend zu beobachten, wie effizient ein gut strukturiertes Team bereits am ersten von vier Tagen 55 Hunde und Katzen kastrierte. Ein sehr guter Start! Es machte Hoffnung, dass viele Besitzer ihre Tiere oder Streuner aus der Umgebung brachten und diese Aktion nutzten, um dem Leid der Tiere zu begegnen.

Wir haben auf unserer Reise im Team viel miteinander gelacht, geredet, geweint und uns manchmal auch nur zur Seite gestanden, als es keiner Worte bedurfte. Ich bin sehr stolz, Teil eines solchen Teams zu sein, was so unglaublich viel bewirkt. Aber das alles ist nur möglich mit den Menschen, die in vielfältiger Form unsere Arbeit unterstützen, sei es mit Empfehlung unserer Orga, Sach- und Geldspenden, Tauf- und Futterpatenschaften, dem Angebot von Pflege- und Endstellen u.v.m. Und ein großes Lob auch an die Teamkollegen, die hier vereint zu Hause die Stellung gehalten haben.

Lasst uns alle gemeinsam weiter für diese wunderbaren Fellnasen kämpfen und die Bedingungen vor Ort dauerhaft verbessern.

Eure Silvia